Hallo in die Runde,

zu meiner Vorstellung wurde die Frage aufgewofen, was ich unter Zuchtbuch verstehen würde.

Wer mit Tierzucht über unsere Fische hinaus zu tun hatte, dem fallen, wie ManfredR zurecht erwähnte, unter dem Begriff Zuchtbuch gleich die von Verbänden vorgegebenen Nachweise ein. Ich meine hier eine eigene Aufzeichnung, die die Erinnerung stützt, die aber gleichzeitig geeignet ist, für die Zucht wichtige Erkenntnisse zu liefern.

In ein Zuchtbuch gehören alle Dinge, die mir als Züchter an diesen Eltern und dann den Nachzuchten auffallen und wichtig sind.

Beschreibung der Eltern nach Zuchtform, Farben und weiteren körperlichen und farblichen Besonderheiten (ergänzend Fotos und seien sie noch so schlecht).
Herkunft der Eltern: Züchter/Zoogeschäft
Hier muss man ggf. nachhaken, um noch das ein oder andere zu erfahren.
Es bietet sich an, die Szene zu beobachten. Goldfische sind fruchtbare Tiere. Ein Verkäufer beliefert vermutlich mehrere Quellen. Vielleicht sind weitere brauchbare Geschwistertiere zu finden.

An welchem Standard will ich mich als Züchter ausrichten. Wenn es in Deutschland keinen gibt, kann man sich mal in England orientieren und diesen diskutieren. Gibt es eine Veröffentlichung? Vielleicht lohnt es sich, den Standard von Bade in Erinnerung zu rufen!

Es lohnt sich, dass Zuchtziel schriftlich zu formulieren. Bei Guppys ist dies schon allein wegen der unglaublichen genetischen Möglichkeiten wichtig, sonst verliert man sich als Züchter in vielen Zuchtzielen, eine schöner als die andere. Ich könnte mir vorstellen, dass dies bei Goldfischen ähnlich ist, wenn ich mir allein die Flossenformen und die Farben ansehe, toll! Nach dem Zuchtziel richtet sich natürlich dann die Auswahl der Zuchttiere, denn ich tue mich am leichtesten, wenn die Zuchtform näher am Ziel liegt, als wenn ich mit Eierfisch und Schleierschwanz beginne, um einen Tancho-Komet zu erzielen.

Wenn ich Hochzuchtfische erzeuge, will ich sie eigentlich auch zeigen. Wir Killianer beschicken neben der eigenen Leistungsschau (800 bis 1000 Becken, nur mal zur Dimension) auch ausländische Ausstellungen. Dies führt zu einem regen Austausch an bestens konditionierten Zuchttieren und spült Geld in die Kassen der Vereine. Etliche Male habe ich im Forum gelesen, dass eine Goldfisch- Ausstellung nicht für machbar gehalten wird. Gibt es hierfür Gründe?

In meiner Aquarianerzeit habe ich immer wieder erlebt, wie über die Jahre die Erinnerung verblasst. Deshalb ist es ganz gut, wenn ich in meinen Aufzeichnungen nachlesen kann. Sonst wird der Fisch und der Erfolg immer größer und ich nähere mich Anglerlatein-Dimensionen. Bei den Guppys habe ich zudem erfahren, dass ich mit diesen Aufzeichnungen meine Zuchtlinie immer besser kennen lerne. Übrigens bin ich in vielen dieser Fragen Hans Luckmann gefolgt, der seine Erkenntnisse aus der Pferdezucht abgeleitet hatte. Zum Kennenlernen der Zuchttiere ein Beispiel:

Zunächst achtete ich nur darauf, dass die Tiere dem gewünschten Typen entsprachen z. B. Fächerschwanz. Dies entspricht also im übertragenen Sinne den Goldfisch-Zuchtformen. Hierzu trug ich alle sichtbaren Merkmale ein. Ich versuchte auch, die mir bekannten Gene aufzuschreiben. Bei den Guppys gibt es hierzu etliche Arbeiten. Bei den Goldfischen denke ich da an Kirpičnikov (in Anlehnung an Mitsui 1956). Weitere Quellen sind mir nicht bekannt. Mit der Zeit merkte ich, dass bei bestimmten Tieren Körperflecken an bestimmten Stellen des Körpers auftraten, die in der Literatur einem bestimmten Gen zugeordnet worden waren. Und später erfuhr ich, dass einige Gene so nahe beieinander angeordnet sind, dass zu erwarten ist, dass sie nur zusammen weitergegeben werden. So kann man aus einem phänotypischen Merkmal mit entsprechender Erfahrung darauf schließen, dass ein oder mehrere Merkmale bei der F1 zu erwarten sein werden, wenn dieser Phänotyp sich zeigt.

@ NoirInzwischen liegt mir das Buch von Teichfischer vor.
Sein Blick auf die Goldfische in aller Welt ist sehr informativ. Das verspricht der Buchtitel. Zur Zucht hält sich Teichfischer zurück. Er bespricht sehr kurz das Vererbungsprinzip nach Mendel. Auch weitere Hinweise zur Zucht fallen sehr knapp aus. Der Code, den er den Zuchtformen gibt, ist zumindest zur Zeit wertlos, weil es in Deutschland wohl keine Ausstellungen mit einem Standard und einer entsprechenden Verpflichtung zur Verwendung gibt. Dieser Code ist wohl aus der Zucht der Lebendgebärenden Zahnkarpfen abgeleitet. Es wird in der Ausstellungspraxis angewandt. Die größte Schwäche des Buchs liegt im fehlenden Literaturverzeichnis. F. W. Orme ist mir nicht geläufig, so dass ich dessen Ausführungen zur Linienzuchttabelle nicht nachlesen kann. Vielleicht kann mir jemand hier in der Runde mit der Quelle helfen.

Wahl der Zuchtmethode
Bei den Guppys habe ich mich für drei Linien entschieden. Sobald eine Linie sich unbefriedigend entwickelt, wird sie aufgegeben und ersetzt. Teichfischer beschreibt die Zucht in zwei Linien. Er hält übrigens das Zuchtbuch ebenfalls für wichtig! Ob die von ihm in der Tabelle von Orms aufzeigte Reihenfolge der Verpaarungen den Erfordernissen der Goldfische entsprechen, müsst Ihr beurteilen.

Hilfreich ist, dass der Goldfisch im zweiten Jahr geschlechtsreif wird.

Auslese
Pénzes und Tölg (1974) sehen bei der Aufzucht die Hauptaufgabe des Züchters in der Selektion. Alle nicht dem Zuchtziel entsprechenden Fische müssen aussortiert werden! Wie macht Ihr das praktisch? Bei den Guppys hilft mir ein Channa-Züchter. Constantin wird bestätigen, dass diese immer Bedarf an Frischfisch haben. Aber vielleicht hat der ein oder andere weiteren Platz? Für problematisch halte ich den Verkauf der gesamten aussortierten Tiere zum niedrigen Preis. Denn woher sollen künftige Goldfischhalter kommen, wenn ihr Platz bereits belegt ist? Elias (2005) erwähnt, dass der Nachwuchs bereits nach vier bis fünf Monaten 5 cm messen und dann verkaufsfähig seien. Da entsteht früh Handlungsbedarf.

Flossen
Die Flossen verzweigen sich wohl bereits in den ersten Tagen, so dass mit relativ jungen Fischen mit der Selektion begonnen werden kann.

Farbe
Zur Farbe habe ich zu Goldfischen am wenigsten Vorstellungen. Ich denke, ein Hauch von Gold ist früh zu finden, andere Farben eher später.

Sonstige Merkmale
Inzuchtschäden sind an Fischen nicht in dem Maße zu befürchten wie bei warmblütigen Wirbeltieren. Zu Karpfenfischen wurden die Inzuchtschäden an der Timirjasew-Universität untersucht (Paepke, 1974). Ich kenne zu Killifischen Veröffentlichungen von Bela. Es kann nicht schaden und hilft in der Argumentation gegen „Qualzuchten“, auch den Anteil frühzeitig sterbender oder missgebildeter Tiere festzuhalten. Ein gewisser Anteil absterbender Eier ist als natürlich anzusehen.

Würfe auszählen
Es ist wichtig, die Würfe auszuzählen. Aus den Anteilen der beobachteten Gene lässt sich ablesen, ob sie dominant oder rezessiv sind oder andere Schlüsse sich zeigen. Dies bestimmt das weitere Vorgehen wie Rückkreuzung auf die Mutter (oder eher den Vater?)-
Tiere, die Zuchtziel entsprechen
Abweichungen, die wichtig erscheinen auch Sterblichkeit
auch Verteilung Geschlechter

Jetzt höre ich mal auf. Ich denke, Euch fallen sicher noch weitere Möglichkeiten ein, mit Aufzeichnungen sich das (Züchter-)leben am Ende leichter zu machen.

Dieter

Hallo Dieter,
auch ein paar Gedanken zur Goldfischzucht, es ist absolut richtig was Du schreibst aber den Grossteil der nachgezogenen Goldfische in Deutschland sind einfach nur Nachkommen ohne große Selektion , die paar ernsthaften Züchter sind idR privat mit begrenzten Möglichkeiten .
Wenn jemand Fische züchtet muss er sich im klaren sein dass es dann , je nachdem wie kräftig selektiert wird bis 80 Prozent aussortierte
gibt, die müssen ja irgendwohin , und da fangen die Probleme an .Bei mir gehen die immer zurück in die Natur , also zum Eisvogel , Ringelnatter und zum Hecht, das ist in der Goldfischkreisen nicht jedermanns Geschmack aber mal wahr, das alles sollte man auch mal überlegen wenn der züchterische Weg beschritten wird .
Grüße Wolf

Hallo Wolf,

wohl wahr, wohl war,
Darüber sollte sich bitte ein jeder im klaren sein, und auch wenn ich ein paar dem Standart entsprechende Teleskopen
im Geschäft kaufe, mussten dafür sehr viele andere aussortiert werden, was in der freien Natur ja auch passiert wäre,
nur dass da niemant auf die Merkmale Wert gelegt hätte. Bis zu einer gewissen Größe geht das wie von Dir beschrieben,
oder aber im eigenen Teich. Ich kann glücklicherweise die restlichen immer privat oder eben in Zoogeschäften unterbringen.
Fragt sich nur wie lange noch. Viele Grüße an P...a.

VG Tosakin